
Lebensmittelverschwendung in Deutschland
- Ursachen & Tipps
Essen ist mehr als bloße Energiequelle. Es ist Genussmittel, soziales Ereignis oder Trostspender. Doch obwohl wir alle mit Essen viele schöne Erinnerungen verbinden, verschwendet jeder von uns Lebensmittel. Die Gründe dafür sind vielfältig und zum Teil absurd. Doch wie hoch ist die Lebensmittelverschwendung in Deutschland überhaupt? Und wo werden entlang der Wertschöpfungskette die meisten Lebensmittel verschwendet? Sehen wir uns genauer an, wo Lebensmittelverschwendung in Deutschland entsteht und was wir dagegen tun können.
Inhaltsverzeichnis
1. Zahlen & Fakten
Hochgerechnet werden weltweit circa 1,3 Mrd. Tonnen Lebensmittel im Jahr verschwendet. Eigentlich könnte von allen produzierten Lebensmitteln die gesamte Weltbevölkerung satt werden, doch bekanntermaßen ist dem nicht so. Während die einen hungern, entstehen an anderen Orten der Welt immer größere Berge an verschwendeten Lebensmitteln.
Grob kann man tatsächlich sagen: Je reicher das Land, desto höher die Lebensmittelverschwendung.

Im Süden Afrikas zum Beispiel werfen Verbraucher 2% ihrer gekauften Lebensmittel in den Müll. In Europa sind es 13,4%, in Nordamerika 15,7%. Ein Unterschied, der sich sehen lassen kann. Deutschland belegt darüber hinaus in Europa einen der oberen Plätze in Sachen Lebensmittelverschwendung. Denn in Deutschland landen im Jahr 18 Mio. Tonnen Lebensmittel auf dem Müll. Das ist fast einem Drittel unseres Nahrungsmittelverbrauchs.
Dazu zählen natürlich auch Verluste von Lebensmitteln, die bisher nicht vermieden werden können wie Koch-, Säuberungs- und Schnittverluste. Die unvermeidbare Verschwendung betrifft circa 8 Millionen Tonnen. Die anderen 10 Mio. Tonnen sind jedoch vermeidbar. Sehen wir uns an, wo Lebensmittelverschwendung entlang der Wertschöpfungskette entsteht.
2. Wo entsteht Lebensmittelverschwendung?
2.1 Erzeuger
Ernteverlust
Schon auf dem Feld bei der Ernte der Lebensmittel geschieht eine erste Aussortierung von Früchten, die bestimmte Anforderungen nicht erfüllen. Zu kleine, zu große oder missgebildete Früchte werden häufig schon auf dem Feld aussortiert und dort zurückgelassen. Je nach Gemüse- oder Obstsorte, hat der Handel mit den Erzeugern Handelsnormen beschlossen, die Größenanforderungen und die Qualität der Produkte festlegen. Alles, was diesen Handelsnormen nicht entspricht, wird aussortiert.
Anteil an der Lebensmittelverschwendung: 5,3%
Vermeidungspotential: gering
Nachernteverlust
Auch nach der Ernte entstehen beim Aufbereiten für die Weiterverarbeitung und den Handel weitere Verluste. Häufig werden die Früchte zum Beispiel industriell gesäubert und weiter sortiert. Bei diesen Mechanischen Vorgängen können die Lebensmittel beschädigt werden, zudem ist eine genauere Sortierung als auf dem Feld möglich.
Was aussortiert wird, kann häufig nur für minderwertigere Produkte verwendet werden, wie für Tierfutter oder für die Energiegewinnung in Biogasanlagen. Eine Weiterverarbeitung zu anderen Produkten, ist häufig nicht möglich, da für das jeweilige Produkt nur ganz bestimmte Sorten mit bestimmten Eigenschaften verwendet werden. (Beispiel: Für Kartoffelsalat kommen nur besonders schnittfeste Kartoffeln zum Einsatz)
Anteil an der Lebensmittelverschwendung: 8,7%
Vermeidungspotential: gering
2.2 Industrie
Prozessverluste
Bei der Weiterverarbeitung der Lebensmittel in der Industrie und im häuslichen Umfeld fallen natürlicherweise Verluste an. z.B. beim Waschen, Schneiden und Kochen. Diese lassen sich nur bedingt vermeiden, zum Beispiel durch bessere Zubereitungstechniken.
Anteil an der Lebensmittelverschwendung: 14,2%
Vermeidungspotential: 10%
2.3 Groß- und Einzelhandel
Verteilungsverluste
Im Großhandel und den Supermärkten ist die Lebensmittel konsumfertig. Hier entstehen Verluste wegen Marketingentscheidungen der Händler und ablaufendem Haltbarkeitsdatum. Außerdem stellen die Konsumenten Erwartungen an die Frische und die Optik der Lebensmittel. Gerade bei Obst und Gemüse, das einzeln verkauft wird, bleiben häufig jene mit kleinen Dellen oder anderen Makeln zurück und werden letztendlich entsorgt. Diese Verluste nennt man Verteilungsverluste.
Anteil an der Lebensmittelverschwendung: 14%
Vermeidungspotential: 90%
2.4 Großverbraucher
Zu den Großverbrauchen zählen zum Beispiel Restaurants und Kantinen. Gerade beim Vorkochen für Angebote wie den Mittagstisch, kann es zu Fehlkalkulationen kommen. Kommen weniger Gäste als erwartet, landet häufig das zu viel Gekochte zusammen mit den Essensresten der Gäste im Müll.
Anteil an der Lebensmittelverschwendung: 18,5%
Vermeidungspotential: 70%
2.5 Kleinverbraucher
Zu den Kleinverbrauchern gehören wir alle und im Haushalt fallen regelmäßig Essensreste an. Sei es weil man zu viel eingekauft, zu viel gekocht oder ungeplant auswärts gegessen hat. Häufig werden Lebensmittel im häuslichen Umfeld zudem falsch gelagert, sodass sie schneller schlecht werden. Es fühlt sich vielleicht an als wären es nur kleine Mengen, die wir hier und da entsorgen, aber der Kleinverbraucher ist schuld an fast 40% der gesamten Lebensmittelverschwendung in Deutschland! Wir haben mit unserer Wertschätzung für Lebensmittel auch das Gespür dafür verloren, wie viel wir tatsächlich verschwenden.
Anteil an der Lebensmittelverschwendung: 39,3%
Vermeidungspotential: 70%
3. Problematik der Lebensmittelverschwendung
Mit jedem umsonst angebauten und verarbeiteten Lebensmittel werden wertvolle Ressourcen wie Wasser, Land, Arbeitskraft und Zeit verschwendet. Außerdem werden bei der Erschließung von landwirtschaftlicher Nutzflächen sowie entlang der Wertschöpfungskette der Lebensmittel unnötige Treibhausgasemissionen verursacht. Von diesen insgesamt rund 48 Millionen Tonnen unnötig ausgestoßenen CO2-Äquivalenten könnten umgerechnet 24 Mio. Menschen 1 Jahr lang Auto fahren. Das wären über die Hälfte der PKW Besitzer*innen in Deutschland.
4. Tipps gegen Lebensmittelverschwendung
- Einkauf planen: Kaufe nicht nach Bauchgefühl, sondern überlege dir genau, was du kochen möchtest und was du die nächsten Tage brauchst. Vermeide es außerdem hungrig einzukaufen.
- Lebensmittel richtig lagern: Lagere Äpfel getrennt von anderem Obst und Gemüse. Die Gase, die sie absondern, beschleunigen den Reifungsprozess der anderen Früchte und führen dadurch dazu, dass diese schneller schlecht werden. Gleiches gilt für Tomaten, außerdem müssen diese nicht unbedingt im Kühlschrank gelagert werden. Lagere Kartoffeln unbedingt dunkel und trocken, also ebenfalls nicht im Kühlschrank. So keimen sie nicht so schnell aus.
- Koche nicht zu viel: Koche nur zu viel, wenn du es wirklich am nächsten Tag noch isst. Besorge dir zum Aufbewahren am besten Dosen, dann kannst du Reste auch mit zur Arbeit nehmen.
- Traue deinen Sinnen: Das Mindesthaltbarkeitsdatum sagt wenig darüber aus, ob ein Produkt noch genießbar ist. Ist ein Lebensmittel über dem Mindesthaltbarkeitsdatum, öffne es, schau als erstes, ob Schimmel zu sehen ist und rieche dann daran. Wirkt alles normal, kannst du eine kleine Menge probieren und testen, ob es normal schmeckt.
- Werde Kreativ: Es gibt unzählige Rezepte für Dinge wie altes Brot, schrumpelige Äpfel oder braune Bananen. Kein Grund, die Lebensmittel wegzuwerfen!
- Nimm im Restaurant Reste mit: Schaffst du im Restaurant deine Portion nicht, lasse dir den Rest einpacken oder nimm dir für diesen Fall am besten eine Dose mit. Am nächsten Tag wirst du dich sicher darüber freuen!
- Kaufe bei SirPlus und nutze Too Good to Go: Bei SirPlus kannst du gerettete Lebensmittel kaufen, sowohl frisches Obst und gemüse, als auch Kühlwaren und abgepackte Speisen. Too good to go ist eine App, die es ermöglich übriggebliebene Portionen von Restaurants, Bäckereinen und Cafés zu kaufen. Auch Bio Supermärkte sind dabei.
- Starte mit Foodsharing: Ich persönlich bin ein großer Fan vo foodsharing und betreibe es jede Woche. Das Prizip beruht darauf bei Supermärkten und Bäckereinen Lebensmittel abzuholen, die sonst weggeschmissen würden. Das ist komplett kostenlos! Man nimmt alles mit und kann es dann an Freunde und Nachbarn weiterverteilen. Ein super nachhaltiges Konzept, dass dir zudem viel Geld sparen wird. Melde dich einfach bei foodsharing.de an, um mitzumachen.
5. Fazit
Lebensmittelverschwendung in Deutschland ist ein ernstzunehmendes Problem. Die Zahlen beweisen, dass wir die Schuld nicht nur der Industrie zuschieben können. Es ist an uns allen etwas zu ändern und Lebensmittel wieder wertzuschätzen. Wir dürfen das Privileg immer Essen im Überfluss zu haben, nicht als selbstverständlich hinnehmen.
Quellen
Noleppa, Steffen und Cartsburg, Matti, WWF Deutschland (Hrsg.): WWF Studie: Das große Wegschmeißen – Vom Acker bis zum Verbraucher: Ausmaß und Umwelteffekte der Lebensmittelverschwendung in Deutschland, Deutschland (2015).
Brendel, Frank, WWF Deutschland (Hrsg.): WWF Studie: Kleine Makel – Grosse Folgen. Nahrungsmittelverschwendung am Beispiel Kartoffel, Deutschland (2017).
Handelsblatt GmbH (Hrsg.): Grafik des Tages, Maßlose Verschwendung. In: Handelsblatt, 22.08.2016
Stand: 11.05.2021