muelldeponien in deutschland

Mülldeponien in Deutschland

- Funktionsweise & Umweltauswirkungen

„Alles, was wir wegschmeißen, ist nicht weg, sondern einfach nur woanders.“ Dieses treffende Zitat von der Journalistin Anna Schunck bringt unsere Abfallwirtschaft auf den Punkt: unsere Produkte lösen sich nach der Entsorgung leider nicht in Wohlgefallen auf. Auch wenn sie verbrannt werden, bleibt immer ein Rest davon übrig. Das „woanders“ bewahrheitet sich dann oft in Form einer Mülldeponie, wo unser Müll für die Ewigkeit eingelagert wird. Denn Mülldeponien sind keineswegs nur ein Phänomen ärmerer Länder, sie sind auch in Deutschland Realität.

1. Definition

Mülldeponien sind Anlagen, die zur Müllbeseitigung und in der Regel zu dessen Endlagerung bestimmt sind. Bei professionell betriebenen Mülldeponien handelt es sich um stark regulierte Flächen, die durch verschiedene Techniken versiegelt wurden. Dafür werden beispielsweise Schichten aus Ton, Plastik oder Fleece verwendet, um den Müll von der Umwelt abzutrennen. Drainagen sorgen dann dafür, dass Wasser, das mit dem Müll in Berührung kommt, nicht ins Grundwasser gelangt.

2. Deponieklassen

In Deutschland werden Mülldeponien je nach Schadstoffgehalt des Mülls in eine von vier Klassen eingeteilt. Die ersten vier Klassen befinden sich oberirdisch. Der Schadstoffgehalt der vierten Klasse ist so hoch, dass der Müll unterirdisch, zum Beispiel in ausgedienten Salzbergwerken, gelagert werden muss.

  • Deponieklasse 0: für mineralische Abfälle mit geringem Schadstoffstoffgehalt, z. B. unbelasteter Erdaushub & ggf. Bauschutt
  • Deponieklasse 1: für mäßig belastete (nicht gefährliche) Abfälle, z. B. Bauschutt & Erdaushub
  • Deponieklasse 2: für belastete, jedoch nicht gefährliche Abfälle, z. B. vorbehandelter Hausmüll
  • Deponieklasse 3: für gefährliche Abfälle (oberirdisch)
  • Deponieklasse 4: für besonders gefährliche Abfälle (unterirdisch)

Natürlich gibt es weltweit auch unregulierte und illegale Deponien. Gerade in Entwicklungsländern findet man häufig offene Deponien. Der sich hier befindliche Müll ist zumeist weder sortiert noch vorbehandelt.

3. Mülldeponien in Deutschland

1972 wurde in Deutschland zum ersten Mal das Abfallbeseitigungsgesetz gesetzlich verankert. Bis zu diesem Zeitpunkt, gab es keine gesetzliche Regelung und Müll konnte nach eigenem Ermessen ungestraft beseitigt werden. Ein Teil der unsachgemäßen Müllkippen wurde in offizielle Deponien umgewandelt, ein anderer Teil lediglich abgedeckt.
Die EU beschloss um die Jahrtausendwende, dass Mülldeponien die am wenigsten zu bevorzugende Müllentsorgungsart sind und möglichst andere Techniken anzuwenden sind.
Über die Hälfte der Hausmülldeponien in Deutschland wurden 2005 stillgelegt (Knapp 200 Stück). Sie benötigen jedoch weiterhin viel Aufmerksamkeit und große Materialmengen für den umweltverträglichen Deponieabschluss.

Die Zahl der Mülldeponien nimmt in Deutschland seit Längerem stetig ab. 2005 gab es laut Statista 1.948 Mülldeponien in Deutschland, 2018 waren es nur noch 1.050.

Die Statistik verrät, dass der Löwenanteil der Deponien für Müll der Deponieklasse 0 bestimmt ist, also hauptsächlich für unbelasteten Bauschutt und Bodenaushub. Dies liegt an der Tatsache, dass die Baubrache jährlich wahnsinnige Mengen an Müll produziert. Gleichzeitig hat Deutschland im Vergleich zu anderen EU Ländern auch sehr viele Sondermülldeponien. Auf diese beiden Tatsachen kommen wir gleich noch einmal genauer zu sprechen.

4. Was wird auf Mülldeponien in Deutschland entsorgt?

Bauabfälle & Erdaushub

Hierzulande boomt die Baubranche. Doch wo aus Alt Neu gemacht oder Neues errichtet wird, fallen auch viele Bauabfälle an. Hierzu zählen zum Beispiel Straßenaufbruch, Boden, Steine und Baustellenabfälle. Zwar wird je nach Ausgangsstoff ein großer Teil anderweitig wiederverwendet oder recycelt, doch sind die übrigen Mengen, die auf Deponien entsorgt werden, trotzdem beachtlich. Denn der Bausektor zählt zu den ressourcenintensivsten Wirtschaftssektoren in Deutschland. Sie machen über die Hälfte des jährlichen Abfallaufkommens aus.

Hausmüll

Seit 2005 ist in Deutschland die Ablagerung von unbehandeltem Hausmüll in der Regel nicht mehr möglich. Haushaltsmüll wird also beispielsweise in Energieheizwerken verbrannt. Bei der Verbrennung entstehen zum einen Schlacke, die auf Deponien entsorgt wird und zum anderen giftige Abgase, die durch die Anlage gefiltert werden. Der so abgefangene Staub ist hochtoxisch und muss als Sondermüll endgelagert werden.

Sondermüll

Bei Sondermüll ist besondere Vorsicht geboten. Neben dem eben erwähnten Filterstaub aus Müllverbrennungsanlagen, gehören noch viele weitere Materialien in diese Kategorie. Zum Beispiel Lacke, medizinische und chemische Abfälle.
Viele europäische Länder haben keine Sondermüll-Verbrennungsanlagen oder Untertage-Deponien. Deutschland hat mit 30 Sondermüllverbrennungsanlagen die größte Kapazität in der EU. Deshalb werden große Mengen an Sondermüll importiert.

Auch bei dieser Verbrennung entstehen hochgiftigen Filterstäube, die unter Tage deponiert werden.

5. Untertage-Deponierung von Sondermüll

Der in der Regel vorbehandelte Sondermüll wird in Plastiktüten oder Fässer verpackt. Anschließend wird er in ausgedienten Salzbergwerken eingegraben und mit einer Salzschicht bedeckt. So soll die Zersetzung von Verpackung und Inhalt verhindert werden. Es gibt keine Erfahrungswerte, ob diese Plastiksäcke im Laufe der Jahrhunderte wirklich standhalten. Sollten sie sich irgendwann einmal doch auflösen, kann das hoch toxische Material in die Umwelt und das Grundwasser gelangen.

Je nach Werk, ist es möglich Abfälle zu einem späteren Zeitpunkt wieder zurückzuholen. Dies hat den Vorteil, dass im Falle der Entwicklung von besseren Entsorgungs- oder Recyclingtechniken, der Müll zurückgeholt und verarbeitet werden kann. Zu diesem Zweck werden von sämtlichen eingelagerten Abfällen Proben zurückbehalten und zugänglich gelagert. In Versatzbergwerken ist dies leider nicht möglich. Der Müll wird darin abgelagert, um die ausgedienten Werke zu stabilisieren. Darum ist eine Rückholung des Mülls nicht mehr möglich.

6. Vorteile von Mülldeponien in Deutschland

Die Vorteile von Deponien sind schnell benannt. Es ist eine kostengünstige Art der Abfallentsorgung und leider in vielen Fällen momentan schlicht und ergreifend die einzige Möglichkeit. Denn es gibt leider noch immer viele Materialien, die nicht recycelbar sind. Auch wenn diese im Heizkraftwerk zur Energieerzeugung genutzt werden, so bleibt nach der Verbrennung die Schlacke und der Filterstaub zurück. Beides ist nicht mehr weiterverwertbar und findet somit zwangsläufig seinen Weg auf die Deponien.

Ein weiterer möglicher Vorteil von Deponien, besteht darin, dass die darin vorhanden Rohstoffe unter Umständen zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal aufbereitet und genutzt werden können. Vorausgesetzt es werden effektive Techniken dafür entwickelt, die dies ermöglichen. Dies trifft vor allem bei Müll zu, der zuvor nicht verbrannt wurde und in seiner Urform gelagert wird.

7. Die Umweltauswirkungen

Gase

Biologisch abbaubare Abfälle auf den Deponien bilden bestimmte Gase. Über die Hälfte davon ist das stark klimaschädliche Treibhausgas Methan. Auch CO2 und eine Vielzahl weiterer Gase können sich ausbilden.

Durch Schächte in den Deponien werden die Gase entweder in die Atmosphäre, eine Aufbereitungsanlage oder eine Verbrennungsanlage abgeleitet. Die Effizienz dieser Systeme schwankt allerdings stark, zwischen 9 und 90 Prozent. Die Gase der Mülldeponien haben weltweit gesehen relevante Auswirkungen auf die Klimaerwärmung.

Darüber hinaus entstehen in Deponien saure Gase, die zum Phänomen des sauren Regens und der Versauerung von Böden und Ökosystemen beitragen. Auch andere Gase aus den Deponien beeinflussen die Bodenqualität und können Auswirkungen für die Flora und Fauna nahe der Deponie mit sich bringen.

Bis die Deponieverordnung in Deutschland flächendeckend umgesetzt wurde, zählten Mülldeponien neben der Landwirtschaft zu den größten Quellen für Treibhausgase in Deutschland.

Sickerwasser

Flüssigkeit, die durch den gelagerten Abfall der Deponien sickert, kommt je nach Müllklasse mit verschiedensten Chemikalien, toxischen Stoffen und Schwermetallen in Berührung. Die Belastung schwankt dabei je nach Müllzusammensetzung stark. Effektive Drainagen- und Reinigungssysteme sind unbedingt notwendig, um eine Kontaminierung des Grundwassers zu verhindern.

In unregulierten Mülldeponien, kann durch die fehlende Abdichtung der Fläche sowie fehlende Sickerwassersysteme das Sickerwasser mit der Umwelt in Berührung kommen. Neben verheerenden gesundheitlichen Auswirkungen für Tiere, können die Schwermetalle von Pflanzen aufgenommen werden und in die Nahrungskette gelangen.

In Seen können Bestandteile des Sickerwassers zu massiver Algenproduktion führen. Andere Chemikalien wirken hormonell auf das Reproduktionsverhalten der Lebewesen.

Verschwendung von Ressourcen

Was einmal im Restmüll landet, wird zwangsläufig verbrannt. Eine Aussortierung von Plastik und anderen Rohstoffen wird als nicht wirtschaftlich angesehen, da die Deponierung der verbrannten Überreste des Hausmülls so günstig ist. Dadurch werden wertvolle Ressourcen den Flammen übergeben.

Risiko von Umweltkatastrophen in der Zukunft

Es ist noch nicht allzu lange her, dass auch in Deutschland Deponien nicht reguliert wurden. Es existieren weiterhin ausgediete Deponien, bei denen niemand so genau weiß, was unter den Abdeckungen schlummert.

Je nach Sicherheitsstandard der Deponie, kann das Risiko, dass Schadstoffe aus dem Abfall in die Umwelt gelangen klein gehalten werden. Problematisch ist jedoch die Frage, ob die getroffenen Sicherheitsvorkehrungen in mehreren Jahrzehnten oder Jahrhunderten tatsächlich noch wirksam sind. Hierzu existieren noch keine Erfahrungswerte. Sollten die Vorkehrungen nicht ausreichend sein, könnten in ferner Zukunft lokale Umweltkatastrophen die Folge sein.

unsachgemaesse muelldeponien

Unsachgemäße Entsorgung durch Müllexport

Man kann lange von effektiven und möglichst sicheren Deponiesystemen sprechen, doch Fakt ist leider, dass Deutschland nach wie vor große Mengen Müll in andere Länder zum Beispiel in Asien exportiert. Dort sind Umweltschutzstandards häufig niedrig und auch mit illegaler Müllentsorgung muss gerechnet werden.

Greenpeace fand heraus, dass auf Mülldeponien in Malaysia erschreckend hohe Werte giftiger Schadstoffe und Schwermetalle aufzufinden waren. Diese waren auch in angrenzenden Oberflächengewässern zu finden.

Zudem gibt es zum Teil offene Deponien im Ausland, auf denen der Müll nicht vorbehandelt wird. Dadurch liegen der Müll sowie das enthaltene Plastik auf der Fläche und können dann durch den Wind davongetragen werden. Leider kann er dadurch auch seinen Weg ins Meer finden.

8. Illegale Deponien & Müllkriminalität

Mit dem Handel von Müll lässt sich viel Geld verdienen. Dementsprechend gibt es auch viele kriminelle Strukturen, die sich das zu Nutze machen. Seit China 2018 den Import von Plastikmüll gestoppt hat, verstärkt sich dieses Phänomen noch weiter. Im Ausland hört man vor allem von illegalen unregulierten Mülldeponien. Doch auch in Deutschland gibt es Müllkriminalität.

Ein Beispiel: Das Unternehmen S.D.R. Biotec in Sachsen gab vor, Sondermüll fachgerecht und umweltfreundlich aufzubereiten. In Wahrheit entfernten sie lediglich den Sondermüllhinweis von den Mülltonnen und lieferten den Sondermüll als „Haushaltsmüll“ an Deponien in Deutschland aus.

9. Soziale Auswirkungen

Es ist kein deutsches Phänomen, doch tragen wir durch den Müllexport letztendlich auch dazu bei: Menschen, die auf oder von Mülldeponien leben. Es trifft die ärmsten der Armen, die als einzige Einkommensquelle auf Mülldeponien nach Verwertbarem suchen, das sich für ein wenig Geld weiterverkaufen lässt. Kinder solcher Familien können nur in den seltensten Fällen die Schule besuchen, da auch sie ihren Beitrag zu dem geringen Einkommen der Familie leisten müssen. So entsteht ein ewiger Teufelskreis.

Die Arbeit auf Deponien ist hart und gefährlich. Die angesprochenen Deponiegase können gesundheitsschädlich sein. Auch wird zum Teil von verseuchtem Wasser in der Umgebung der Deponien gesprochen. Wenn sich die Menschen nichts anderes leisten können, konsumieren sie dieses Wasser trotz der Gefahr.

10. Gesundheitliche Auswirkungen

Mehrere Studien aus den USA und Europa haben ergeben, dass Menschen, die in unmittelbarer Nähe zu einer Mülldeponie (in den USA bzw. Europa) leben, ein höheres Risiko haben, an Krebs zu erkranken. Auch neugeborene Kinder wiesen häufiger nicht-chromosomale Erkrankungen auf. Dies variiert mit Sicherheit, je nach gelagerter Müllart und dem Sicherheitssystem der Deponie, doch besteht augenscheinlich ein Zusammenhang zwischen den Emissionen von Mülldeponien und der menschlichen Gesundheit.

11. Fazit zu Mülldeponien in Deutschland

Mülldeponien sind in unserer heutigen Konsumgesellschaft ein scheinbar notweniges Übel. Trotz aller Sicherheitsvorkehrungen besteht ein Risiko, dass umweltschädliche Substanzen früher oder später ihren Weg in unsere Umwelt finden. Es ist deshalb unbedingt notwendig von vornherein weniger Müll zu produzieren und möglichst viele Materialen zu recyceln.

Auf lange Sicht muss eine geschlossene Kreislaufwirtschaft das Ziel sein, bei der alle Produkte nach Gebrauch zu neuen, hochwertigen Produkten aufgearbeitet werden. So können wir hoffentlich irgendwann einmal weitestgehend auf Mülldeponien verzichten.

Quellen

https://www.researchgate.net/publication/278738702_Environmental_and_socio-economic_impacts_of_landfills

https://www.zdf.de/dokumentation/planet-e/planet-e-sondermuellimporte-100.html

https://rp-giessen.hessen.de/umwelt-natur/abfall/deponien/deponieklassen

Grafik: https://www.bmu.de/themen/wasser-abfall-boden/abfallwirtschaft/statistiken/allgemeine-abfallwirtschaft/anzahl-der-deponien/

Stand: 24.09.2020

Das könnte dich auch interessieren!

Schreibe einen Kommentar