
Plastikinseln & Plastikstrudel im Meer
- Spannende Fakten und Beispiele
Plastikinseln. Diesen Begriff haben die meisten schon einmal gehört. Doch geht das Wissen darüber selten über eine vage Vermutung hinaus. Und in der Tat gibt es für ‚Plastikinseln‘ keine genaue Definition. Doch eines steht fest: Es geht keinesfalls um malerische Urlaubsinseln, sondern um Plastik im Meer. Womit wir beim allgegenwärtigen Problem unserer Zeit angelangt wären. Wir produzieren tagtäglich Plastik in rauen Mengen. Kein Wunder, dass ein beachtlicher Teil davon früher oder später seinen Weg ins Meer findet. Um genau zu sein 8 Millionen Tonnen im Jahr, oder anders ausgedrückt eine LKW-Ladung pro Minute.
Und mit den Strömungen des Meeres begibt sich das Plastik auf die Reise und so entstehen verschiedene Formen von „Plastikinseln“.
Inhaltsverzeichnis
1. Plastikstrudel
1.1 Wie entstehen Meeresstrudel?
Die erste Form der Plastikinseln entsteht durch Meeresströmungen. Für die Entstehung von Meeresströmungen sind hauptsächlich drei Faktoren verantwortlich:
- Gezeitenkräfte
- Windkräfe
- Dichteunterschiede im Wasser
Durch Gravitationskräfte kommt es zwischen Erde, Sonne und Mond zu Wechselwirkungen. Diese Kräfte, in diesem Fall Gezeitenkräfte genannt, können die Wassermassen auf der Erde „deformieren“. Sie sind für Flut und Ebbe verantwortlich und setzen kontinuierlich gewaltige Wassermengen im Ozean in Bewegung. Durch Windkräfte werden vor allem obere Wassermengen in Bewegung gesetzt und somit oberflächige Meeresströmungen verursacht. Zu guter Letzt können durch Dichte- und Temperaturschwankungen Wassermengen sinken bzw. steigen. Für diese Schwankungen sind die Wassertemperatur und der Salzgehalt des Wassers verantwortlich. Hauptsächlich diese, aber auch weitere Faktoren, sind für die Entstehung von vielen Meeresströmungen verantwortlich.
1.2 Was sind Plastikstrudel?
Das Meer ist immer in Bewegung und mit ihm auch die Plastikteile und -partikel. Durch die oben beschriebenen Meeresströmungen kommt es zur Bildung gigantischer Meeresstrudel. Diese transportieren nicht nur Wasser, sondern auch einen Großteil unseres Plastikmülls, weshalb sie auch Plastikstrudel genannt werden.
Denn: Gelangt Müll in einen Meeresstrudel, kann er dort aufgrund der geschlossenen Kreisläufe für längere Zeit gefangen bleiben.
Auf diese Weise kam es in den letzten Jahren zur Bildung gigantischer Müllansammlungen in den fünf großräumigen und noch weiteren Meeresströmungen.

Die Konzentration von Plastik ist in diesen Meeresstrudeln so hoch, dass durchaus von Plastikinseln gesprochen werden kann. Doch handelt es sich nicht um massive oder gar betretbare Inseln, sondern „lediglich“ um Milliarden beieinander treibender Plastikteile.
1.3 Great Pacific Garbage Patch (GPGP)
Der wohl bekannteste Müllstrudel ist der „Great Pacific Garbage Patch (GPGP)“ im Nordpazifischen Strömungskreis. Mit einer Größe von 1,6 Millionen Quadratkilometern – drei Mal so groß wie Frankreich – befindet sich der GPGP zwischen Hawaii und Kalifornien. In diesem Müllstrudel schwimmen mehr als 1,8 Trillionen Plastikteile.
Interessant ist, dass 92 Prozent der insgesamt 80 Tausend Tonnen im „Great Pacific Garbage Patch“ auf Makroplastik (> 0,5 cm) zurückzuführen ist. Ein Grund dafür ist, dass Fischernetze bezogen auf die Masse 46 Prozent des Plastikmülls im Strudel ausmachen.
Im GPGP befinden sich 180 Mal mehr Plastikteile als Meeresbewohner.

Quelle: The Ocean Cleanup, https://www.theoceancleanup.com/
Im Zentrum des Wirbels ist die Konzentration von Plastik am höchsten, mit zunehmendem Abstand zum Mittelpunkt nimmt die Konzentration kontinuierlich ab. Zählt man die Ränder dazu, die die geringste Konzentration an Plastik aufweisen, so schätzt man das Gewicht des „Great Pacific Garbage Patch“ auf rund 100 Mio. Tonnen.
Die Messungen wurden mit 30 Schiffen sowie Luftaufnahmen zwischen 2015 und 2018 von „The Ocean Cleanup“ durchgeführt. Für die Auswertung wurden 1,2 Millionen Plastikteile nach ihrer Größe sortiert, sie dauerte zwei Jahre.
Fundstücke aus dem GPGP
Quelle: The Ocean Cleanup, https://www.theoceancleanup.com/

Helm aus dem Jahr 1989

Kiste aus dem Jahr 1975

Hülle eines Nintendos aus dem Jahr 1992
1.4 Folgen der Plastikstrudel
Plastikinseln, die durch Meeresströmungen entstehen, stellen ein massives Problem für unsere Umwelt dar, denn das herumtreibende Plastik benötigt für seine Zersetzung zum Teil Hunderte von Jahren. In der Zwischenzeit können sich Meeresbewohner darin verfangen oder es mit ihrer Beute verwechseln.
Zudem lösen sich Weichmacher und andere Stoffe aus dem Plastik, die verheerende Folgen für den gesamten Lebensraum sowie den Hormonhaushalt von Tieren haben können. Das Plastik wird mit der Zeit spröde und so entstehen immer kleinere Partikel. Diese werden von Plankton und Fischen aufgenommen und landen früher oder später auch auf unserem Teller.
2. Plastikinseln: Trashislands
Auch solide Inseln aus Landmasse können durch große Müllmassen auf ihrem Gebiet als „Plastikinseln“ bezeichnet werden. Diese entstehen durch direkten oder indirekten Einfluss des Menschen, was wir uns anhand der folgenden beiden Beispiele genauer ansehen werden.
2.1 Henderson Island
Die unbewohnte Insel „Henderson Island“ mit einer Größe von gerade einmal 37 Quadratkilometern liegt im Südpazifik und gehört zum UNSECO Weltnaturerbe. Ihre weißen Strände und Kokospalmen könnten das Naturreservat zum Paradies machen, doch ist neben einer beeindruckenden Natur vor allem eines gegenwärtig: Plastik. Fast 38 Millionen Plastikteile mit einem Gesamtgewicht von 17,6 Tonnen machen die Insel zu dem Ort mit der höchsten Plastikmüll-Dichte weltweit (2015). Leider ist von noch größeren Mengen auszugehen, da Mikroplastikpartikel unter 2 Millimetern sowie das Plastik an felsigen Abschnitten der Küste nicht in die Zählungen mitaufgenommen wurden. Rund 68% des Mülls fanden die Forscher zudem in den ersten 10 Zentimetern unter der Sandoberfläche. Es ist also gut möglich, dass in tieferen Schichten weiteres Plastik verborgen liegt.
2.1.1 Wie kommt es dazu?
Obwohl Henderson Island zu den wenigen von Menschen unberührten Ökosystemen zählt, wird auch dieses von unserer Plastikflut nicht verschont. Die Problematik liegt in der Lage der Insel: Henderson Island befindet sich direkt an der westlichen Grenze des Südpazifischen Meereswirbels. Durch die Strömungen werden tagtäglich fast 13.000 Plastikteile aus diesem Müllstrudel an die Küsten der Insel gespült. Plastik aus der ganzen Welt findet so seinen Weg an die Traumstände Henderson Islands: Kanister aus Kanada, Fischerausrüstung aus Neuseeland und Plastikflaschen aus Deutschland.
2.1.2 Folgen
Durch die Abgeschiedenheit von Henderson Island konnten sich dort über 55 endemische Arten bilden. Diese besonderen Tier- und Pflanzenarten haben sich auf der Insel entwickelt und sind an keinem anderen Ort der Welt zu finden.
Die Schönheit und Besonderheit dieser Inselbewohner wird durch das viele Plastik bedroht. Zum einen wird das Plastik von vielen Vögeln auf unterschiedliche Art und Weise direkt oder indirekt aufgenommen und zum anderen verfangen sich viele Land- und Meerestiere im Plastik und erleiden dadurch einen qualvollen Tod.

Schildkröte im Fischernetz verfangen
2.2 Thilafushi: Die Plastikinsel der Malediven
Eine weitere, aber nicht weniger verschmutze „Plastikinsel“ ist die Malediveninsel Thilafushi (dt.: „Seichte Lagune“). Von menschlicher Unberührtheit kann hier jedoch keine Rede sein, denn dieser Ort wurde durch einen Regierungsbeschluss zu dem, was er heute ist. So wurde die einstige Lagune in den 90er Jahren kurzerhand zur Mülldeponie des Landes erklärt. Denn wo hin mit dem Müll, den fast 1,5 Millionen Touristen pro Jahr produzieren? Jeder Einzelne verursacht durchschnittlich 3,5 Kilogramm Müll am Tag, das dreieinhalbfache der Einwohner.
Bis zu 400 Tonnen Müll werden täglich nach Thilafushi gebracht.5
Die idyllische Hauptinsel Malé ist keine 10 Kilometer von Thilafushi entfernt. Die am Horizont zu sehenden Rauchschwaden des brennenden Mülls werden jedoch selten hinterfragt. Tagtäglich werden neu gelieferte Müllberge in Brand gesetzt oder lediglich mit Schutt abgedeckt. Trotzdem gelangen viele Plastikteile mit dem Wind ins Meer mit verheerenden Folgen für Tiere und Pflanzen. Auch die dort lebenden Menschen leiden unter dieser Praxis. Denn giftige Dämpfe entstehen, das Wasser wird kontaminiert und Migranten aus Bangladesch müssen für einen Hungerlohn die gefährliche Arbeit des Müllanzündens verrichten.
2.3 Plastikinseln weltweit
Die Problematik von sich anhäufenden Plastikmengen auf Inseln ist leider kein Einzelfall. Da unglaubliche Mengen unseres Mülls im Meer landen, sind Gebiete an der Küste besonders betroffen. Diese Problematik trifft Inseln besonders, da sie im Verhältnis zur Landfläche einen großen Anteil an Küste und häufig keine eigenen Müllverbrennungsanlagen besitzen. Dieses Schicksal trifft Inseln weltweit, auch in Europa. Auch Inseln Spaniens, Norwegens oder Deutschlands haben mit einer immer größer werdenden Plastikkonfrontation zu kämpfen.
3. Was können wir dagegen tun?
- Beseitigung von Plastik aus den Meeren: Es gibt bereits einige Projekte, die sich mit Hilfe spezieller Konstruktionen die Plastikbeseitigung aus den Meeren zum Ziel gesetzt haben. So zum Beispiel The Ocean Cleanup oder das Seabin Project.
- Cleanup-Aktionen: Aufräum-Aktionen am Strand verhindern, dass angespültes Plastik in der Natur verbleibt. In Städten können Cleanups außerdem verhindern, dass achtlos Weggeschmissenes in die Umwelt oder die Meere gelangt.
- Ordnungsgemäße Müllentsorgung: Die Politik muss Recycling oder eine fachgerechte Entsorgung unseres Mülls sicherstellen. Deponien bergen die Gefahr, dass Plastik durch den Wind oder nahegelegene Flüsse ins Meer gelangt.
- Plastikvermeidung: Eine Minimierung unseres Plastikkonsums führt automatisch zu einem geringeren Plastikzufluss in die Meere. Neue Verpackungstechniken in der Industrie und jeder Einzelne von uns sind gefragt. Zur alltäglichen Plastikvermeidung haben wir dir deshalb hier viele nützliche Tipps zusammengestellt.
4. Fazit
Plastikinseln und Plastikstrudel sind wahrgewordene Horror-Szenarien für unsere Umwelt. Sie sind das Ergebnis der globalen Plastikflut, für die auch wir mitverantwortlich sind: Deutschland exportiert große Mengen an Plastikmüll, ohne eine korrekte Entsorgung im Anschluss sicherzustellen. Zudem genießen wir unseren Urlaub in anderen Ländern, ohne uns über die nachhaltige Beseitigung unseres Mülls Gedanken zu machen.
Die Zufuhr von Plastik in die Meere muss aufgehalten werden. Deshalb ist es unerlässlich, dass wir weniger Plastik produzieren, die Nutzungsdauer verlängern und es anschließend fachgerecht entsorgen oder recyceln. Sowohl jeder einzelne von uns als auch die Politik und große Konzerne stehen in der Verantwortung dafür zu sorgen, dass „Plastikinseln“ der Vergangenheit angehören, noch bevor sie ihren Eingang in die Wörterbücher der Welt finden.
Quellen:
- https://theoceancleanup.com/great-pacific-garbage-patch/
- https://www.theguardian.com/environment/2017/may/15/38-million-pieces-of-plastic-waste-found-on-uninhabited-south-pacific-island
- https://www.rspb.org.uk/globalassets/downloads/documents/conservation-projects/henderson-island-news–october-2015.pdf
- https://www.geo.de/natur/nachhaltigkeit/21501-rtkl-muellproblem-die-malediven-versinken-plastikmuell-eine-tauchlehrerin
- https://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/weltspiegel/videos/Weltspiegel-Reportage-Malediven-Die-Inselretter-weltspiegel-video-100.html
Weiterführende Links