virtuelles Wasser

Virtuelles Wasser

- Verbrauch und Folgen für die Umwelt

Die Dusche am Morgen, das Spülen auf Toilette, das regelmäßige Händewaschen – ständig plätschert es in unserem Alltag. So kommt in Deutschland ein Pro-Kopf-Verbrauch von durchschnittlich 120 Litern Wasser pro Tag zu Stande. Doch ohne es zu merken, verbrauchen wir darüber hinaus sehr viel mehr Wasser. Es steckt in fast allen Produkten, die wir täglich konsumieren und nutzen. Sei es der Schokoriegel unterwegs oder die neue Jeans – für den Anbau, die Herstellung und den Transport wird Wasser benötigt. Der so entstandene Verbrauch ist dem fertigen Produkt nicht mehr anzusehen – die Rede ist von virtuellem Wasser.

1. Virtuelles Wasser Definition

Wie es der Name verrät, ist virtuelles Wasser nicht offensichtlich sichtbar. Das Konzept geht auf den britischen Wissenschaftler John Anthony Allan zurück, der es zur Bekämpfung von Wasserknappheit entwickelte.

Virtuelles Wasser steckt in Lebensmitteln, Produkten oder auch in Dienstleistungen. Es bezeichnet die Gesamtmenge an Wasser, die während der jeweiligen Prozesse verbraucht wird. Dabei wird jeder einzelne Herstellungsschritt betrachtet; auch das Wasser, das während der Prozesse verschmutzt wird oder verdampft.

2. Die Farben des virtuellen Wassers

Da es in Sachen Nachhaltigkeit einen gewaltigen Unterschied macht, ob zum Beispiel eine Pflanze durch natürlichen Regen oder mit Grundwasser bewässert wurde, wird virtuelles Wasser in verschiedene Farben unterteilt.

  • Grünes virtuelles Wasser: Grünes Wasser ist das natürliche (Regen-)Wasser, das im Boden gespeichert ist und während der Produktion von der Pflanze aufgenommen wird.

  • Blaues virtuelles Wasser: Blaues Wasser wird dem Prozess künstlich zugeführt und stammt aus Flüssen, Seen oder dem Grundwasser. Dabei wird alles eingerechnet, das seinen Weg nicht zurück ins Grundwasser findet. Das heißt, es wird entweder von den Pflanzen aufgenommen oder verdampft auf dem Feld oder schon in der Bewässerungsanlage.

  • Graues virtuelles Wasser: Das ist das Wasser, das bei der Herstellung eine so starke Verschmutzung erfährt, dass es nicht mehr genutzt werden kann. Man bezeichnet damit auch die Wassermenge, die für die ausreichende Verdünnung des verschmutzten Wassers nötig wäre.

3. Der Unterschied zum Wasserfußabdruck

Der virtuelle Wasserverbrauch ist nicht zu verwechseln mit dem Wasser-Fußabdruck. Denn beim Wasser-Fußabdruck geht es sowohl um den indirekten als auch um den direkten Wasserverbrauch, also den Verbrauch während der Herstellung sowie während der Nutzung. Zudem betrachtet man dabei auch, aus welchen Ländern das Wasser stammt. Das ist besonders für die Bewertung der Umweltfaktoren hilfreich.

4. Virtuelles Wasser in Deutschland

Laut einer Studie des WWF aus dem Jahr 2009 verbraucht jeder Deutsche direkt und indirekt knapp 5.300 Liter Wasser am Tag. Das entspricht 27 gefüllten Badewannen. Für Deutschland insgesamt ergibt das einen Wasserfußabdruck von 159,5 Kubikkilometern im Jahr. Zum Vergleich: Das ist mehr als die dreifache Menge des Bodensees.

Der größte Teil des Wasserverbrauchs fällt in der Landwirtschaft an, ein geringerer Teil bei industriellen Produkten und ein winziger Bruchteil wird im häuslichen Umfeld verbraucht.

wasserfussabdruck deutschlands

Die Landwirtschaft

Von allen Sektoren verbraucht die Landwirtschaft das meiste Wasser. Allerdings importieren wir in Deutschland viele Produkte aus anderen Ländern. Das hat zur Folge, dass nur 41 Prozent des für die Landwirtschaft benötigten Wassers in Deutschland selbst verbraucht wird. Der Rest wird bei der Herstellung unserer Produkte im Ausland verbraucht. Dadurch wird das Problem der Wasserknappheit in andere Länder verlagert.

In Deutschland wirkt sich vor allem die Produktion tierischer Produkte auf unseren Wasserverbrauch aus. Für diese Produktion werden ganze 29 Prozent des landwirtschaftlichen Wassers benötigt.

5. Unsere Spitzenreiter

Na, was denkst du? Für welche unserer Lieblingsprodukte fällt jährlich der größte virtuelle Wasserverbrauch an?

Man kann es sich fast denken. In Deutschland liebt man sein Brot mit Kaffee am Morgen und eine Nascherei zwischendurch. Der größte Wasserverbrauch fällt dementsprechend für Weizen, Kaffee und Kakao an. Dies liegt nicht nur daran, dass wir viel davon konsumieren sondern auch daran, dass es sich um sehr wasserintensive Produkte handelt.

groester wasserfussabdruck in deutschland

6. Unser Fußabdruck im Ausland

Wie du in der Grafik Wasserfußabdruck Deutschlands sehen konntest, fällt die Hälfte unseres virtuellen Wasserkonsums im Ausland an. Im landwirtschaftlichen Bereich trifft dies besonders auf Pflanzen zu, da viele Obst- und Gemüsesorten sowie Kaffee und Kakao in Deutschland nicht angebaut werden können.

Wir Deutsche hinterlassen in über 200 Ländern weltweit unseren Wasser-Fußabdruck. 
Am meisten virtuelles Wasser verbrauchen wir in Brasilien, vor allem wegen des Kaffee- und Sojaanbaus. Gefolgt wird der Spitzenreiter von der Elfenbeinkünste, da sie unsere Schokoladen-Industrie mit großen Mengen an Kakao beliefert. Auf den Plätzen 3, 4 und 5 folgen Frankreich, die Niederlande und die USA.

Alleine Kaffee und Kakao machen zusammen über 30 Prozent unseres im Ausland verursachten Wasserfußabdrucks aus (jeweils 16 Prozent). Mit zu den Hauptquellen gehören außerdem Ölsaaten wie Palmöl, Baumwolle, Schweinefleisch und Soja.

7. Beispiel Produkte

Lebensmittel

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Virtueller Wasserverbrauch einer Jeans

Baumwolle ist eine der wasserintensivsten Kulturpflanzen überhaupt. Im weltweiten Durchschnitt wird für die Produktion von einem Kilo Baumwolle 11.000 Liter Wasser benötigt. Ein großer Teil des Wassers verdunstet allerdings während des Bewässerungsprozesses, sodass nur 45 Prozent des Wassers von der Pflanze aufgenommen wird. Durch die Überflutungsbewässerung der Felder und ineffiziente Bewässerungssysteme entsteht in manchen Ländern ein sehr hoher Wasserverbrauch. Dadurch werden natürliche Wasservorkommen zu stark beansprucht.

Ein großes Problem liegt außerdem im Einsatz von Pestiziden, Düngemitteln und Chemikalien, wodurch große Mengen an Wasser verschmutzt werden. Da eine Jeans bis zur Fertigstellung mit sehr vielen Chemikalien behandelt wird, kommt es dabei zu viel Wasserverschmutzung. Insgesamt stecken in einer Jeans bis zu 7.000 Liter virtuelles Wasser.

8. Umweltproblematik

Der virtuelle Wasserverbrauch ist tückisch, da er in der Regel unbewusst von statten geht. Die Problematik liegt dabei vor allem in den gewaltigen Ausmaßen, die der virtuelle Wasserfußabdruck durch die industrialisierte Landwirtschaft und den globalen Handel angenommen hat.

Regionale Faktoren
Je nach Region und Wasservorkommen, ist die Situation mehr oder weniger angespannt. Da Deutschland viele Produkte importiert, werden hier zum Beispiel seit 15 Jahren weniger als 20 Prozent der natürlichen Wasserressourcen genutzt. Auf der anderen Seite leiden weltweit circa 4 Milliarden Menschen mindestens einen Monat im Jahr an Wasserknappheit (Mekonnen und Hoekstra, 2016).

Wasserstress
Nutzt ein Land mehr als ein Viertel seiner natürlichen Wasserressourcen, bezeichnet man diesen Zustand als Wasserstress. Davon sind aktuell etwa 50 Staaten betroffen. 22 davon nutzen sogar mehr als 70 Prozent ihrer Wasserressourcen. Der Klimawandel führt dazu, dass trockene Gebiete tendenziell noch trockener werden, während regenreiche Gebiete noch feuchter werden. Dies geht mit einem Zuwachs an extremen Wettereignissen einher.

Steigender Wasserverbrauch
Seit den 1980ern steigt der Wasserverbrauch weltweit um jährlich ca. 1 Prozent. Besonders in Entwicklungs- und Schwellenländern nimmt der Verbrauch zu. Obwohl er noch immer weit unter dem virtuellen Wasserverbrauch von Industrienationen liegt, führt das zu einem Anstieg um 10 Prozent in nur Zehn Jahren.

Wasserqualität
Wie es sich mit dem grauen virtuellen Wasser andeutet, ist die Verschmutzung von Wasser ein weiterer umweltschädigender Faktor. Laut der UNESCO Kommission werden ganze 70 Prozent der weltweiten Abwässer ungeklärt in der Umwelt entsorgt. Du kannst dir vorstellen, dass es sich dabei nicht nur um Fäkalien handelt. Auch Chemikalien können Bestandteil des Abwassers sein. In der Kleidungsindustrie beispielsweise kommen sehr viele giftige Substanzen zum Einsatz. Wenn diese in Flüsse und die Meere gelangen, kann dies schlimme Folgen für die Tier- und Pflanzenwelt bedeuten. In einigen Entwicklungsländern führt verunreinigtes Wasser außerdem zu Krankheiten wie Cholera in der Bevölkerung.

9. Tipps

Wasser ist nicht gleich Wasser. Doch leider sieht man einem Produkt nicht an, ob es durch natürliches Regenwasser oder ein Bewässerungssystem bewässert wurde. Dabei kann man wiederum nicht wissen, ob dieses Wasser aus einer gefährdeten Gegend stammt. Die Bewertung ist folglich äußerst schwierig.

Die einfachste Möglichkeit ist generell virtuelles Wasser zu sparen und damit Ressourcen zu schonen.

  • Regional & saisonal kaufen: In Deutschland sind effiziente Bewässerungssysteme weiterverbreitet als in vielen anderen Ländern. Außerdem sind wir (noch) von keiner akuten Wasserknappheit bedroht. Achtest du neben der Regionalität auch noch auf Saisonalität, sind die Chancen höher, dass die Bewässerung durch natürlichen Regen erfolgte wurde. Besonders im Mittelmeerraum, Nordafrika oder der Türkei legt man auf eine nachhaltige Bewässerung wohl wenig Wert.

  • Fleischkonsum reduzieren: In der Viehzucht ist der Wasserverbrauch sehr hoch. Außerdem kommt dabei in der Regel kein Regenwasser zum Einsatz, weshalb eine Konsumreduktion von Fleisch und Milchprodukten besonders hilfreich ist.

  • Kaffee- & Kakaokonsum reduzieren: Kaffee und Schokolade wurden früher als Genussmittel bezeichnet. Diesen Status haben sie leider inzwischen verloren. Besonders in Büros wird Kaffee häufig literweise getrunken. Versuche doch mal die ein oder andere Tasse Kaffee weniger zu trinken. Oder hast du schon einmal eine Alternative probiert? Ich persönlich kann Lupinen Kaffee sehr empfehlen. Er schmeckt gut und kann in Deutschland angebaut werden.

  • Weniger Lebensmittelverschwendung: In jedem Lebensmittel, das auf dem Müll landet, steckt sehr viel virtuelles Wasser. Indem du dich beim Foodsharing engagierst, kannst du mit den Lebensmitteln also auch virtuelles Wasser vor der Verschwendung retten. Foodsharing.de ist für diesen Zweck mein persönlicher Favorit. Aber auch sirPlus oder too good to go sind gute Möglichkeiten, um Lebensmittel zu retten.

  • Weniger Kleidung, am besten Secondhand: Am Beispiel der Jeans konntest du sehen, wie viel virtuelles Wasser in einem Kleidungsstück steckt. Reduziere also deinen Kleiderkonsum und kaufe am besten Secondhand ein. Mehr Tipps dazu findest du in unserem Artikel über Fast Fashion.

Ich hoffe, diese Tipps helfen dir weiter. Wenn du weitere Ideen und Tipps hast, schreibe sie gerne in die Kommentare!

Quellen

https://mobil.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/wwf_studie_wasserfussabdruck.pdf

https://www.unesco.de/presse/pressematerial/un-weltwasserbericht-2019-daten-und-fakten

Stand: 27.06.2020

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