
Quelle: Pacific Garbage Screening, https://www.pacific-garbage-screening.de/
Pacific Garbage Screening
- Funktionsweise, Vorteile & Kritik
Das Pacific Garbage Screening ist ein bisher nicht verwirklichtes Projekt zur Beseitigung von Plastik aus den Meeren. Alles begann mit der damaligen Architekturstudentin Marcella Hansch, die schockiert von der Meeresverschmutzung nach diversen Tauchgängen, begann sich des Themas anzunehmen. So entstand das Projekt „Pacific Garbage Screening“, an dessen Verwirklichung heute unterschiedliche Wissenschaftler arbeiten. Das Ziel besteht darin, eine Konstruktion zu entwickeln, die den Prozess von der Filterung von Plastikmüll aus dem Meer, bis hin zu einer sinnvollen Verwertung beinhaltet. Dabei soll die Erzeugung von Kohlenstoffdioxid sowie ein Gefährden der Tierwelt vermieden werden. Wie die Konstruktion nach einer Fertigstellung aussehen könnte, zeigt das obenstehende Titelbild.
Inhaltsverzeichnis
1. Die Erfinderin: Marcella Hansch
Marcella Hansch wuchs im Sauerland auf. Während ihres Studiums in Aachen reiste sie viel und lernte dabei, trotz ihrer Angst vor Fischen, das Meer lieben. Quasi zur „Selbsttherapie“ begann sie mit dem Tauchen, immer in der Angst, dass ein Fisch sie berühren könnte. Eines Tages berührte sie wirklich etwas, aber als sie sich umsah, war es kein Fisch, sondern eine Plastiktüte. In diesem Moment wurde ihr klar, dass sie von mehr Plastik als von Fischen umgeben ist und dass ihr diese Tatsache eigentlich Angst machen sollte. Das Thema ließ sie nicht mehr los und obwohl es nicht primär zu ihrem Architekturstudium passte, belaß sie sich immer mehr dazu, besuchte fachfremde Vorlesungen und beschloss letztendlich ihre Abschlussarbeit darüber zu verfassen. Sie besuchte Maschinenbau Vorlesungen und Recyclinganlagen und eines Tages auch eine Kläranlage, die ihr die entscheidende Inspiration gab. Denn im Sedimentierungsbecken der Kläranlage wird das schmutzige Wasser eingeleitet und beruhigt, wodurch sich die Sedimente und Partikel am Boden absetzen. Dieses Prinzip wandte Marcella im umgekehrten Sinne für das Great Pacific Garbage Screening an: Wasser wird in die Plattform eingeleitet und beruhigt, sodass das Plastik durch den eigenen Auftrieb nach oben steigen.
Marcellas Idee wurde zu ihrem Herzblut-Projekt, doch sie konnte nicht beweisen, ob es funktionieren würde. Sie ging auf Experten verschiedenster Fachgebiete zu und bildete ein Team um sich rund um die Verwirklichung ihrer Vision. Durch erfolgreiches Crowdfunding finanzierten sie ihr erstes Startkapital.
2. Aufbau des Pacific Garbage Screening
Das Pacific Garbage Screening ist eine große Plattform mit den Maßen 400 x 400 Metern, die im Müllstrudel verankert wird. Sie hat eine rochenähnliche Form, die laut einer Strömungsanalyse dem Ziel am zuträglichsten ist. Das Pacific Garbage Screening funktioniert ohne Netze und Filter und reicht bis 35 Meter unter die Wasseroberfläche. Die unterwasserliegende Konstruktion ist in verschiedene Segmente unterteilt. Das Plastik soll, nachdem es durch die Struktur der Konstruktion beruhigt wurde, jeweils von einem Segment bis zum nächsten aufsteigen und kann dann in einem inneren Kanalsystem ganz nach oben steigen. Im hinteren Teil der Plattform wird das Plastik dann abgeschöpft. Dadurch kann gewährleistet werden, dass weder Plankton noch Fische oder andere Lebewesen miteingesammelt werden. Anschließend wird das Plastik auf der Plattform weiterverwertet.

Quelle: Pacific Garbage Screening, https://www.pacific-garbage-screening.de/
3. Prinzip und Funktionsweise
Kunststoffteile werden durch Wellenbewegungen und Strömungen in die Tiefe gedrückt. Die Grundidee des „Pacific Garbage Screening“ besteht darin, die Strömung so zu beruhigen, dass Wellenbewegungen und Strömungskräfte dem natürlichen Auftrieb des Plastiks nicht mehr entgegenwirken. Dadurch soll ein Aufsteigen der Kunststoffpartikel an die Meeresoberfläche erzielt und eine Entfernung dieser Partikel erreicht werden.
Die im Titelbild dargestellte Rochenform der Konstruktion ermöglicht durch ihre Ausweitung mit zunehmender Länge eine Verlangsamung des Wassers. Dies ergibt sich aus der Kontinuitätsgleichung
A(x) ⋅ v(x) = const.
die stets erfüllt sein muss. Dabei repräsentiert A(x) die Querschnittsfläche und v(x) die Geschwindigkeit des Wassers an der Stelle x. Durch Verlangsamung der Strömung erhöht man die Zeit, in der die Kunststoffpartikel durch die Konstruktion aufsteigen können. Das Aufsteigen der Partikel erzielt man jedoch mit Hilfe eines anderen Prinzips, und zwar durch Beruhigung der Strömung. Durch zusätzliche horizontale Ebenen unterhalb der Wasseroberfläche wird das Wasser durch eine gitterartige Struktur geleitet, die eine Entwirbelung und Beruhigung des Wassers auf dem offenen Meer hervorruft. Das hat zur Folge, dass die Kunststoffpartikel nicht mehr von Wellen und Strömungen hinuntergedrückt werden und sie aufgrund der geringeren Dichte aufsteigen.
4. Anschließende Verwertung
Eine werkstoffliche Verwertung des Plastiks ist aufgrund der durch Salzwasser zerstörten Molekülstruktur nicht mehr sinnvoll. Deswegen wird der auf der Oberfläche schwimmende Kunststoff über Förderbänder in eine Vergasungsanlage transportiert. Dort wird er rohstofflich recycelt, das heißt durch Erhitzung in einer sauerstoffarmen Atmosphäre in ein gasförmiges Endprodukt überführt, hauptsächlich bestehend aus Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid. Der gewonnene Wasserstoff soll anschließend als Energieträger für Brennstoffzellen genutzt werden. Diese würden als ökologische und umweltschonende Energiequelle für den gesamten Betrieb der Anlage dienen. Damit das entstandene Kohlenstoffdioxid nicht in die Atmosphäre gelangt, wird es Algenkulturen zugefügt, denen es als Grundnahrungsmittel dient. Sie werden großflächig auf der Wasseroberfläche des „Pacific Garbage Screening“ gezüchtet; ihre Biomasse dient als Ausgangsmaterial für umweltverträglichen Biokunststoff. Der beschriebene Kreislauf ist in der folgenden Abbildung illustriert.

Quelle: Pacific Garbage Screening, https://www.pacific-garbage-screening.de/
5. Vor- und Nachteile der Konstruktion
Vorteile
- Nach Fertigstellung keine weiteren Kosten
- Sammelt auch tiefer gelegenen Kunststoff (bis zu 35 Meter)
- Verwertung findet gleich auf dem Meer statt. Keine Abgasemissionen und Treibstoffverbrauch durch Schiffe für den Transport von Kunststoff
- Keine Abgasemissionen bei der Verwertung
- Mikroplastik wird ebenfalls entfernt
- Selbstständige Versorgung aus gewonnener Energie
- Keine Gefährdung der Tierwelt
Nachteile
- Sehr große Konstruktion, dadurch wirtschaftlich und konstruktiv schwer realisierbar
- Bei starken Strömungs-, Wind- und Wellenkräfte findet eine Wirkungsgradabnahme statt
- Entfernt nur Kunststoff mit einer geringeren Dichte als Salzwasser. Sich in der Tiefsee befindender Kunststoff kann nicht entfernt werden
6. Fazit zum Projekt
Das Projekt „Pacific Garbage Screening“ ermöglicht nicht nur ein Entfernen, sondern ebenfalls eine Verwertung von Mikro- und Makroplastik auf der Anlage. Der große Vorteil dieser Anlage ist, dass sie sich nach Fertigstellung aus der durch Verwertung gewonnenen Energie selbst versorgen kann. Nach einmaligen Bauen muss das Projekt somit nicht mehr finanziell unterstützt werden und das Erzeugen von Abgasen durch beispielsweise Schiffe kann vermieden werden. Für die Verwirklichung dieses Zieles benötigt „Pacific Garbage Screening“ jedoch eine sehr große Anlage, wodurch die Kosten für eine Realisierung des Projektes sehr hoch sind. Aktuell setzt sich dieses Projekt mit der Kunststoffentfernung an Flussmündungen auseinander. Ein wichtiger Punkt, denn schätzungsweise kommen 50% der jährlich in die Ozeane gelangten Kunststoffpartikel aus Flüssen.
Stand: 08.03.2020
7. Update: Von Pacific Garbage Screening zu Everwave
Die ursprüngliche Konstruktion von Pacific Garbage Screening mit einer Größe von 400 auf 400 Metern, die auf dem Titelbild abgebildet ist, bleibt weiterhin eine Zukunftsutopie.
Das Projekt wurde 2020 zu Everwave umbenannt und begann schon 2018 seinen Fokus auf Flüsse und nicht mehr auf das offene Meer zu legen. Dies ist besonders sinnvoll, da Flüsse das meiste Plastik in die Meere transportieren und der Kunststoff so abgefangen werden kann, noch bevor er ins Meer gelangt.
Everwave hat verschiedene Konstruktionen entwickelt, die in Flüssen eingesetzt werden. Die Müllsammelboote namens CollectiX können eigenständig Müll aufspüren und einsammeln. Sie sind so konzipiert, dass sie sich den unterschiedlichen Gegebenheiten von Flüssen anpassen können. Eine weitere Konstruktion ist die Flussplattform „HiveX“. Außerdem werden Drohnen eingesetzt, um Daten über den Müll zu sammeln und gezielt gegen die Hotspots vorzugehen. Dabei spielt nach den Angaben des Unternehmens auch Künstliche Intelligenz eine wichtige Rolle. Für die Entwicklung arbeiteten sie unter anderem auch mit der Universität Aachen zusammen.
Durch Crowdfunding konnten bereits Tests durchgeführt werden, bei denen der Fluss „Hron“ in der Slowakei von Müll befreit wurde. An weiteren Orten Weltweiten wurden bereits Cleanup Missionen durchgeführt. Im Jahr 2023 ist Everwave beispielsweise in Kambodscha aktiv.
Zudem setzt Everwave inzwischen auch auf Bildungsprogramme und beschäftigt sich ebenfalls mit Recyclingtechniken. Als Ziel wird dabei genannt, den gesammelten Müll in eine Kreislaufwirtschaft zurückzuführen.
Was mit einer Masterarbeit einer Einzelperson begann, ist zu einem großen Team mit weltweitem Einsatz angewachsen. Auch wenn die inzwischen entwickelten Technologien von Everwave recht weit von der ursprünglichen Idee Marcellas entfernt sind, so ist es doch umso erstaunlicher, wie sich Ideen mit Einsatz und Hingebung weiterentwickeln und einen echten Unterschied machen können.
Hallo, der Artikel ist wirklich sehr ausführlich und gelungen! Ich schreibe eine Facharbeit zu diesem Thema und wollte mal nachfragen, welche Quellen ihr für eure Informationen genutzt habt?
LG
Luisa
Hallo Luisa,
vielen Dank für deinen Kommentar. Die meisten Informationen waren von der Website von Pacific Garbage Screening, allerdings existiert die Seite leider nicht mehr, da sich das Projekt umbenannt hat. Sie heißen jetzt everwave und scheinen neue Techniken zu nutzen. Leider kann deshalb auf die ursprünglichen Quellen, die wir verwendet haben, nicht mehr zugegriffen werden. Die Erfinderin Marcella Hansch hat aber auch in einigen Vorträgen bei Youtube über ihre Idee gesprochen. Vielleicht findest du dort noch etwas Nützliches für deine Facharbeit. Tut mir leid, dass ich dir nicht mehr liefern kann. Wenn du noch weitere Fragen hast, melde dich gerne unter wendy.se@gmx.de.
Liebe Grüße
Wendy