
Kunststoffrecycling: Methoden & Zahlen
- Deutsche und weltweite Verwertung von Kunststoff
Seit Plastik den Eingang in unseren Alltag gefunden hat, wurden unvorstellbare Mengen davon produziert. Allein in den Jahren 2015 bis 2017 wurden weltweit circa Tausend Millionen Tonnen an Kunststoffen hergestellt. Leider sind diese in der Natur nicht abbaubar, sondern verbleiben dort für geschätzte Zeitspannen von 10 bis 500 Jahre. Trotzdem nimmt unser Plastikkonsum nicht ab. Wir sollten uns also überlegen, wie wir den unkontrollierten Zufluss von Plastik in die Umwelt verhindern und Kunststoffabfälle so gut es geht natur- und ressourcenschonend recyceln können.
Inhaltsverzeichnis
1. Wie wird Kuntstoff verwertet?
In Deutschland wurde in den 1990er Jahren ein Mülltrennungssystem eingeführt. Dieses verpflichtete erstmalig die deutsche Wirtschaft Verpackungen zurückzunehmen und an ihrer Entsorgung mitzuwirken. Daraufhin entwickelte sich das duale System (z.B. Der grüne Punkt), das von den jeweiligen Produktherstellern oder -vertreibern mitfinanziert wird. Die häusliche Trennung in Restmüll und Wertstoffe ist von wichtiger Bedeutung, da dadurch eine Optimierung der Verwertung von Kunststoff erzielt wird.
Die Verwertung von Kunststoff lässt sich aufteilen in Recycling (werkstofflich, rohstofflich) und in die energetische Verwertung. Welche Verwertung gewählt wird, hängt von der Reinheit des Kunststoffmülls ab. Deswegen unterscheidet man zwei Kategorien von Kunststoffabfall:
- Produktions- und Verbrauchsabfälle sowie saubere, sortenreine Abfälle von Kunststoff
- Vermischte und verschmutzte Kuststoffabfälle
Es gibt verschiedene Methoden, um Kuntstsoff zu verwerten. Für den weiteren Verlauf orientieren wir uns an folgender Graphik, die die bekanntesten Methoden der Kunststoffverwertung beinhaltet.

1.1. Verwertung sortenreiner Abfälle
Saubere, sortenreine Kunststoffe werden werkstofflich recycelt. Das bedeutet sie werden so bearbeitet, dass sie als Ausgangsstoff für neue Produkte dienen können. Die sortenreinen Abfälle kommen zum Beispiel in Form von Schnittverlusten direkt aus der Produktion oder wurden genau vorsortiert und gereinigt. Die Kunststoffe werden zunächst nach Farben sortiert, mit Wasser gereinigt und zerhächselt. Anschließend können sie mit einem der folgenden Verwertungsverfahren weiterverarbeitet werden.
- Extrusion
- Spritzgießen
- Spritzpressen
- Intrusion
- Sinterpressverfahren
Extrusion:
Bei der Extrusion werden sogenannte Doppelschneckenextruder verwendet. Zunächst wird der Kunststoff durch einen Trichter eingefüllt und im Falle von thermoplastischen Eigenschaften gegebenenfalls geschmolzen. Nach Einfüllen des Materials wird dieses im Inneren der Schnecken durch Druck verdichtet. Anschließend wird die Masse unter Druck kontinuierlich aus einer formgebenden Öffnung herausgepresst, sodass das Material die Form der Öffnung sowie eine beliebige Länge annimmt.
Spritzgießen:
Beim Spritzgießen wird der Kunststoff in einem Massenzylinder vollständig aufgeschmolzen und unter hohem Druck über eine Düse in ein mit der gewünschten Form, geschlossenes Werkzeug gepresst. Nach Abkühlen und Verhärtung des Kunststoffs wird dieser aus dem Werkzeug entnommen. Mit diesem Verfahren lassen sich dünnwandige Paletten, Pflanztöpfe, Bettumrandungen aber auch Stoßdämpfer für Automobile herstellen.
Spritzpressen:
Die Vorgehensweise beim Spritzpressen ist die gleiche wie beim Spritzgießen, nur dass die aufgeschmolzene Masse in ein offenes Werkzeug unter geringen Druck gefüllt wird. Anschließend wird die Öffnung geschlossen und der geschmolzene Kunststoff fließt dabei in die gewünschte Form ein.
Intrusion:
Bei der Intrusion wird der Kunststoff aufgeschmolzen, in Stahlformen gefüllt, bis zur Erstarrung abgekühlt und anschließend herausgedrückt. Sie ist also die Kombination aus dem Spritzgieß- und Extrusionsverfahren. Als Produkte können Bakenfüße, Platten, Bohlen aber auch Pfosten für Straßenschilder, Kilometersteine, reflektierende Pfosten an Straßenecken etc. hergestellt werden. Für dieses Verfahren kommen auch vermischte und verschmutzte Kunststoffe (zum Beispiel aus der häuslichen Müllsammlung) in Frage.
Sinterpressen:
Beim Sinterpressen können ebenfalls neben sortenreinen Abfällen auch gemischte und verunreinigte Kunststoffabfälle eingesetzt werden. Diese werden in kassettenförmige Formen eingerieselt. Nach Verschluss der Form durchläuft diese in einem Schachtofen von oben nach unten eine Vorwärmzone, eine Schmelzzone und eine Kühlzone. Dabei erhöht sich der Pressdruck je weiter die Form im Schachtofen nach unten wandert. Dieses Verfahren ermöglicht ein Aufschmelzen der Kunststoffe, ein Füllen der Formen und ein verzugsfreies Abkühlen mit der Umgebungsluft. Als Produkte entstehen z. B. großflächige Platten mit bis zu 60 mm Dicke.
1.2. Verwertung vermischter und verschmutzer Abfälle
Bei der Verwertung von vermischten und verschmutzen Kunststoffabfällen wird unter Einwirkung hoher Temperaturen die Zusammensetzung der Abfälle so zerkleinert, dass diese bei der Aufbereitung in anderen chemischen (meistens rohstofflich) oder energetischen Prozessen eingesetzt werden können. Im Folgenden werden wir die rohstoffliche und die energetische Verwertung von Kunststoff genauer unter die Lupe nehmen.
1.2.1 Rohstoffliche Verwertung
Durch den Einsatz hoher Temperaturen können die Kunststoffe in ihre Grundstoffe, wie Öle und Gase, gespalten werden. Diese können im Anschluss für andere Zwecke eingesetzt werden. Die Herstellung neuer Kunststoffe aus den so gewonnenen Grundstoffen ist bisher im großen Stil leider nicht gelungen. Da die rohstoffliche Verwertung keine hohe Reinheit des Ausgangsmaterials voraussetzt, stellt sie trotzdem eine gute Alternative zur werkstofflichen Verwertung dar. Dabei können folgende Verwertungsverfahren eingesetzt werden:
- Vergasen
- Verbrennung
- Cracking
- Hydrierung
Vergasung:
Bei der Vergasung wird der Abfall durch Erhitzung in einer sauerstoffarmen Atmosphäre in ein gasförmiges Endprodukt überführt. Durch die sauerstoffarme Atmosphäre soll gewährleistet werden, dass keine Verbrennung bzw. vollständige Oxidation (Elektronenabgabe) stattfinden. Je nach eingesetztem Verfahren verläuft die Reaktion bei Temperaturen bis 1600 °C unter einem Druck bis 150 bar. Dieses Verfahren ist seit dem 19. Jahrhundert bekannt und besitzt als Ausgangsstoffe Kohle und Koks, nach dem zweiten Weltkrieg auch Erdöl und Erdgas.
Verbrennung:
Im Hochofen wird zum Beispiel Eisenerz zu Eisen reduziert. Um das Eisenerz zu reduzieren, also das Sauerstoffmolekül abzuspalten, werden normalerweise Koks oder Schweröle verbrannt. Diese können durch Pellets aus Altkunststoff ersetzt werden, da sie die gleichen Reduktionseigenschaften mit sich bringen. So kann das Plastik als Rohstoff im Hochofenprozess verwendet werden.
Cracking:
Beim Cracking werden größere organische Moleküle unter Einwirkung von Druck, Temperatur und ggf. Katalysatoren in kleinere Moleküle umgewandelt. Dieser kann auch bei der Erdölverarbeitung genutzt werden, indem mittel- und langkettige Kohlenwasserstoffe in kurzkettige Kohlenwasserstoffe gespalten werden. Diese Aufspaltung ist notwendig, da der Markt mehr kurzkettige Kohlenwasserstoffe (Benzin, Diesel, leichtes Heizöl) fördert als im Erdöl erhalten sind, während langkettige Kohlenwasserstoffe (schweres Heizöl) weniger Verwendung finden. Der Einsatz von Kunststoff wird bei diesem Prozess als Katalysator noch untersucht, scheint aber bis zu 20 Prozent möglich zu sein.
Hydrierung:
Unter Hydrierung wird im Allgemeinen die Verbindung von chemischen Elementen mit Wasserstoff verstanden. Durch hydrierende Spaltung bei hohen Temperaturen (bis ca. 500 °C) und Drücken (bis ca. 300 bar) ist es prinzipiell möglich, aus organischen Verbindungen größerer Kettenlängen (u. a. auch aus gemischten Altkunststoffen) Produkte zu erzeugen, die aus kleineren Kettenlängen (z. B. Benzin) bestehen. Die dabei entstehenden Produkte können bei petrochemischen (auf Rohöl und Erdgas basierend) Prozessen eingesetzt werden. Seit den 1970er Jahren wird dieses Verfahren bei der Verwertung von vermischten und verschmutzen Altkunststoffen verwendet.
1.2.2 Energetische Verwertung
Aufgrund von technischen, ökonomischen oder ökologischen Aspekten ist die werkstoffliche sowie die rohstoffliche Verwertung von Kunststoff nicht immer möglich. In diesem Fall muss auf die energetische Verwertung zurückgegriffen werden. Als energetische Verwertung von Kunststoff bezeichnet man die Verbrennung des Abfalls (Kunststoffs) mit dem Ziel der Volumenreduzierung des Abfalls und gleichzeitiger Nutzung der freiwerdenden Energie. Bei der Verbrennung entstehen dabei umweltschädliche Stoffe und die Abscheidung problematischer Substanzen im Verbrennungsrückstand. Grundsätzlich wird die thermische Verwertung (Verbrennung) von Altkunststoffen in folgenden Müllverbrennungsanlagen durchgeführt:
- Müllkraftwerk
- Müllheizwerk
- Müllheizkraftwerk
Diese Müllverbrennungsanlagen unterscheiden sich dadurch, ob sie elektrischen Strom (-Kraftwerk), nur Wärme (-heizwerk) oder beides (-heizkraftwerk) erzeugen. Somit kann die im Abfall enthaltene Energie zur Erzeugung von elektrischem Strom und/oder Heizwärme genutzt werden. Das dabei entstehende Rauchgas muss aufgrund umweltschädlicher Stoffe gereinigt werden. In Deutschland muss die Rauchgasreinigung den Emissionsanforderungen der deutschen 17. BlmSchV genügen.
Durch die heutige Trennung von Müll (Bauschutt, Abfallholz, Glas, Kleinschrott, Papier, Verpackungen) kann die wirtschaftliche und technische Ausbeute verbessert werden. Dies geschieht dadurch, dass nach der Anlieferung eine Konditionierung, also eine den Brennwert ausgleichende Vermischung der Anlieferung, vorgenommen wird. In manchen Kraftwerken erfolgt die Verbrennung des Abfalls mit Regelbrennstoffen, wie z. B. Kohle. Dabei werden Abfall und Brennstoff vermischt und verbrannt.
2. Wie viel Kunststoff wird in Deutschland verwertet?
2.1. Energetische, werkstoffliche und rohstoffliche Verwertung in Zahlen
Wie sieht es nun mit Kunststoffrecycling in Deutschland aus? Von den ursprünglich in Deutschland 18,5 Mio. Tonnen noch zu verarbeiteten, hergestellten Kunststoff landen jährlich 5,02 Mio. Tonnen Kunststoff im Müll. Davon wurden 5,88 Mio. Tonnen der Verwertung zugeführt und 0,04 Mio. Tonnen deponiert.
Die Verwertung der 5,88 Mio. Tonnen ergab sich wie folgt:
- energetisch: 3,14 Mio. Tonnen (53,4%)
- werkstofflich: 2,67 Mio. Tonnen (45,4%)
- rohstofflich: 0,07 Mio. Tonnen (1,2%)
Zusammengefasst lassen sich die behandelten Fakten wie folgt:

Die Aussage
„jährlich produziert Deutschland 18,5 Mio. Tonnen Kunststoff, von denen 3,14 Millionen Tonnen recycelt werden“
findet somit ebenfalls seine Berechtigung. Man bedenke, dass nichtrelevante Kunststoffe, wie Lacke und Harze, zwar nicht verwertet werden können, aber auf die eine oder andere Art und Weise ebenfalls in die Natur gelangen.
2.1. Verwertungsmengen von Kunststoff in Deutschland
Das folgende Diagramm (Quelle: Umweltbundesamt) gibt die Verteilung der energetischen, werkstofflichen und rohstofflichen Verwertung in Deutschland seit dem Jahr 1994 dargestellt.

Man erkennt, dass sich die Verwertung der Kunststoffabfälle in den letzten 20 Jahren vervierfacht hat. Vor allem die energetische Verwertung hat in diesem Zeitraum stark zugelegt. Das bedeutet, dass wir immer mehr Müll verbrennen müssen, um unseren Müll „entsorgen“ zu können.
In den letzten 10 Jahren hat sich die Verwertung der Kunststoffabfälle fast verdoppelt, während die Produktionsmenge der Kunststoffindustrie und somit auch die Kunststoffabfallmenge in Deutschland in diesem Zeitraum fast konstant geblieben sind. Was wurde damals mit den restlichen Abfällen gemacht? Richtig, diese wurden in Deponien zwischengelagert. Dies ist auch an der Anzahl der Mülldeponien in Deutschland zu erkennen. Im Jahr 2005 gab es mit 1948 Mülldeponien fast doppelt so viele Mülldeponien wie im Jahr 2016, nämlich 1108.
Klasse !!!
Danke für den schönen Beitrag.
Es ist garnicht leicht darüber auf google was zu recherchieren.Schon wieder was mehr gelernt!
Das freut uns sehr! Vielen Dank und ein schönes Wochenende!